Fortuna Düsseldorf x FC St. Pauli
(1:2 und 6:5)
„DFB Pookaaaal, ist uns schietegaaaaal“ singen wir wieder lauthals seit gestern Abend – wenn wir ehrlich sind, dieser Chant stimmte noch nie so ganz. Anders kann ich mir die museumsreife Erinnerung an die legendäre B-Serie nicht erklären, als damit, dass dieser Song unserer auch legendären Erfolgslosigkeit im DFB-Pokal geschuldet ist. Eine Art kulturell-emotionale Sicherung gegen das Verlieren.
„Wir wären doch sehr gerne nach Berlin gefahren“, sagt M. nachdem spät am Dienstagabend alles vorbei ist. Ja, ich auch.
Marcus hatte nach dem letzten Podcast ja schon Hotelzimmer in Berlin reserviert, die er jetzt stornieren muss, denn er hat keine Freunde in Düsseldorf. Überhaupt hat Düsseldorf doch kaum Freunde, oder?
Röslers Erben – Düsseldorf mit Arschloch-DNA
Es gibt für viele Mannschaften im Fußball sowas wie eine DNA, eine Art und Weise, die sich über Spieler- und Funktionärsgenerationen hinweg vererbt. Bayern Münchens Dusel und „Mia san mia“ wäre so ein fußballkulturelles Gen. Oder dass alle Darmstädter Mannschaften die Blutgrätsche perfektionieren und wie eine Art „deutsche Urus“ alles wegruppen, was nicht schnell genug weglaufen kann.
Düsseldorf ist schon immer eine unangenehme Mannschaft gewesen, mit ausgesprochenem Arschlochpotential. Rösler war einst der Inbegriff dieser unfairen Attitude und die aktuelle Mannschaft, inklusive Trainerstab eifern ihrer Bestimmung fröhlich nach.
Baumlange Innenverteidiger wälzen sich ohne sichtbaren Grund auf dem winternassen Rasen, gestikulieren und provozieren vor der Gegengerade und der Süd; der Torwarttrainer versorgt Kastenmeier mit Infos beim Elfmeterschießen – bis er vom Schiedsrichter weggejagt wird. Aber Hürzibaby die rote Karte zeigen.
„Düsseldorf hat für das Spiel nun wirklich nicht viel getan“, sagt M. beim Abpfiff der regulären 90 Minuten und bestätigt meinen Eindruck.
Die Düsseldorfer machen nix und fahren gut damit. Zwei Fehler der Boys in Brown führen zu zwei Gegentoren.
YNWA hätten sich die Boys in Brown verdient gehabt
Ich kann mich gut an das stadionweite „You’ll Never Walk Alone“ nach Niederlagen erinnern, das ganze Stadion voller Schals. Ein mächtiges Werkzeug zur Niederlagenverarbeitung, die auch greislichste Gegner beeindruckte. Dieses YNWA scheint der erfolgsverwöhnte FC St. Pauli und seine Kurven verlernt zu haben.
Schade. Ich habe es trotzdem gesungen; alleine in der Nord. Wie ich später erfuhr, hat S. das auf der Gegengeraden auch gemacht – auch allein.
„Verzockt, vercoacht, verbohrt, versagt“ ist Hürzeler an allem schuld?
Ich muss das jetzt mal so sagen – auch wenn’s müßig ist: mit Vasilj wäre das nicht passiert.
Punksauli auf StPauli.social
Nicht nur der Kicker findet in Fabian Hürzeler den Schuldigen an der Pokalniederlage. Marcus schrieb im Podcast-Chat vor dem Spiel, dass die Nichtaufstellung von Manolis Saliakas und Saad der erste Coachingfehler ist. In einem Viertelfinale stellt man die Nummer eins auf, schrieb nach dem Spiel ein anderer.
Ich gehe da nicht mit; das ist mir zu einfach. Auch dass im Verein gerade die Seele hochkocht, weil Hürzibaby es wagt ein wenig zu pokern, gefällt mir nicht. Was hättet ihr denn gesagt, wenn Stani damals mit seiner Entscheidung für „wie hieß er man noch?“ verloren hätte im klammen Februar 2010?
Spiele verliert immer die ganze Mannschaft: Macht Hartel das 100% Ding wärs egal. Gewinnt einer der Boys einen oder zwei Zweikämpfe mehr, wärs egal.
An Burchert manifestiert es sich nur, verloren haben wir alle schön zusammen.
Toby ergänzt in unserem Thread: „Dafür waren es zu viele Komponenten, die gestern schief gegangen sind. Ja, Burchert verursacht zwei Gegentreffer. Hartel macht den 100% nicht. Ameniydo und Ritze leider nur vielversprechend, aber nichts haltend. Treu auf rechts längst nicht so gut wie auf links (hatten wir den nicht als Rechtsverteidiger geholt?). Sogar Smith hat einen Fehlpass gespielt!!! Es haben viele Dinge nicht so geklappt wie normal. Abhaken und hoffen, dass wir jetzt einfach aufsteigen.“
Dass ich Hürzi mal gegen euch verteidigen muss und seine Entscheidung für eine gute Kadermoral, zu der eben auch gehört, die Jungs in der zweiten Reihe spielen zu lassen. Auch wenn das dann ein anderes Spiel wird, als wenn die Tikitaka-Linie zwischen Vasilji bis Eggestein geschlossen wäre.
Gegen die defensiv und aggressiv eingestellten Düsseldorfer wäre es vielleicht ja auch für die erste Reihe schwer geworden.
Obwohl mich eines überrascht hat: ja, dass Saad den einen Unterschied machen kann, das wissen wir – aber dass wir ohne Manolis so gar keine Schnitte sehen und wie sein Hineinkommen sofort Wirkung zeigt, das hat mich doch überrascht.
Aggression, Abziehen, FCSP Fans enttäuschen nach dem Abpfiff
Ich hatte gegen Düsseldorf meinen selbstauferlegten Bierboykott beendet (das Monsternetz war ja nu abgebaut) und hatte schon ein paar Halbe intus, als ich nach dem Abpfiff die Gegengerade entlang schlenderte, auf dem Weg nach Hause. Die Weinbar hatte aus Selbstschutz nicht mehr aufgemacht („Wenn wir jetzt aufmachen, sind wir nicht vor vier hier raus“), was ich gut verstehen konnte – ich musste heute auch arbeiten und fit sein.
Ich gratulierte am Busparkplatz zwischen Süd und GG gerade noch zwei Düsseldorfern, als von hinten eine Gruppe St. Pauli Fans angesprungen kam, dem einen den rot-weißen Schal wegriss und in Richtung Fanladen weglief.
Konsterniert sah ich dem Abziehen zu und hab das mit dem Bier erzählt, weil ich nüchtern vielleicht nicht sofort gesagt hätte: „Den hol ich Dir wieder“.
Gestellt wurde der Abzieher aggressiv, wollte mir „Schwanz“ ans Leder. Abgehalten hat ihn vielleicht, dass ich auch als St. Paulianer zu erkennen war und meine klare Ansage (wie lange ich das mit Ü50 noch machen kann, weiss ich auch nicht). Die Düsseldorfer haben ihren Schal wieder und ich die Erkenntnis, dass es auch Menschen mit Arschlochgen in unseren Reihen gibt. Traurig macht mich, dass der Typ so ein einfallsloses Repertoire an Schimpfworten aufwies – da bin ich besseres gewohnt 😉
Letztes Wort zum Monsternetz?
Die Aussicht auf eine „freie Sicht aufs Mittelmeer“ hatte mich schon den ganzen Tag beflügelt, dass mich einige in der Nord ansprachen und mir fürs „Nichtlockerlassen“ dankten, tat dann doch gut – vor allem nach den ganzen Spitzen und Anwürfen aus dem GG-Establishment der letzten Woche.
Ich wünschte mir mehr Solidarität zwischen den Kurven, das Wiedererlernen von selbst-heilendem YNWA für die Boys und uns, und dass wir irgendwann einmal doch nach Berlin fahren zum Finale – und Marcus nicht wieder stornieren muss 🙂